"Gestiftet von den Frauen und Jungfrauen Othmarschens 1998" - Doppeleiche aus einem Stamm
„Gestiftet von den Frauen und Jungfrauen Othmarschens 1998“ – Doppeleiche aus einem Stamm

Die Eiche war schon in den antiken Kulturen Griechenlands und Italiens ein heiliger Baum. Im 18. und 19. Jahrhundert beanspruchten sie Engländer und Franzosen als „Nationalbaum“, den Dänen gilt sie bis heute als Symbol ihres Reiches. Die sprichwörtliche „Deutsche Eiche“ wurde schon von den Germanen verehrt. Bis heute findet man im ganzen Land „Friedenseichen“, die nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gepflanzt wurden sowie „Kaisereichen“, aus Anlaß des 100.Geburtstags von Kaiser Wilhelm I. am 22.03.1897. Die „Doppeleiche“ – zwei Stämme aus einer Wurzel oder zwei Eichen in einem Pflanzloch – ist ein spezifisch schleswig-holsteinisches Symbol. Es wurde in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts zu einem Sinnbild der engen Zusammengehörigkeit der Herzogtümer Schleswig und Holstein.

Postkarte mit Doppeleiche von 1898 zur Feier der 50. Wiederkehr des Tages der Erhebung Schleswig-Holsteins"
Postkarte mit Doppeleiche von 1898 zur Feier der 50. Wiederkehr des Tages der Erhebung Schleswig-Holsteins“

Es illustrierte griffig das von dem Apenrader Arzt Wilhelm Neuber 1841 plakativ aber falsch aus dem Privileg von Ripen von 1460 abgeleitete „Se schölln tosamen blieben / Op ewig ungedeelt“. In der letzten Strophe des Schleswig-Holstein Liedes von 1844 findet sich der Bezug mit der Zeile ”Theures Land, Du Doppeleiche”. Sie avancierte dadurch vor und während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung (1848 – 1850) vor allem in Drucken zum Symbol der Unteilbarkeit der Herzogtümer. Es wurden in dieser Zeit allerdings nur wenige Doppeleichen auch gepflanzt. Zwischen Erhebung und dem zweiten Schleswigschen Krieg achtete die dänische Herrschaft darauf, daß dieses Symbol des „Oprør“ (Aufruhr) in den Herzogtümern nicht auftauchte. Nach der Annexion durch Preußen 1867 bekam das Lied für viele Schleswig-Holsteiner einen neuen Sinn.

Die Doppeleiche 1913 auf einem Jugendstilkalender von Johann Holtz
Die Doppeleiche 1913 auf einem Jugendstilkalender von Johann Holtz

Mit der Zeile ”Theures Land, Du Doppeleiche” wurde über viele Jahre auch die Enttäuschung über die verlorene Eigenständigkeit ausgedrückt. Am Ende des 19. Jahrhunderts schlug das in einen verklärten nationalen Stolz auf die Zeit der Erhebung um. Die meisten Doppeleichen wurden deshalb 1898 aus Anlaß ihres 50. Jahrestages gepflanzt. Unter ihnen setzte man häufig Denksteine mit der Aufschrift up ewig ungedeelt. Die große Popularität der Doppeleichen hatte ihre Ursache auch im geringen Preis. Damit war es auch kleinen Gemeinden möglich, ein Denkmal des nationalen Stolzes zu setzen. So wurde das Pflanzen von Doppeleichen zur Mode. Clevere Gärtner wie etwa der Westerländer Albrecht Beck erkannten diese Chance und boten per Annonce Doppeleichen an. Um dafür zu werben, verschenkte Beck Freiexemplare an die (aus dem Hause Augustenburg stammende) Kaiserin und Bismarck und bot gleich noch für die heimische Anrichte Modelle mit „reizendem kleinen Gärtchen“ als Nippes an. Die inzwischen über 100jährigen Erinnerungsbäume gelten heute als Naturdenkmale. Es gibt von ihnen noch etwa 100 im Lande. Bedingt durch die politische Geschichte, sind sie in Dithmarschen, im Oldenburger Fürstentum Lübeck, sowie im Kreisherzogtum Lauenburg eher selten zu finden.

"Pflanzt Doppel-Eichen" - Zeitungsanzeige von 1898
„Pflanzt Doppel-Eichen“ – Zeitungsanzeige von 1898

-ju- (0201/1203/0521)

Quellen: Jörg Matthies, Unter einer Krone Dach – Die Doppeleiche als schleswig-holsteinisches Unabhängigkeitssymbol, Heft 13 Geschichte und Kultur. 2003, herausgegeben von der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, erschienen im Wachholtz Verlag, Neumünster, ISBN 3-529-02363-9; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Hrsg.), Schleswig-Holstein Lexikon, Neumünster, 2000, Wachholtz Verlag, ISBN 3-529-02441-4

Bildquellen: Vignette – „Patriotische Landschaft“ Zeichnung von Wilhelm Selk, 1848, Stiftung SH Landesmuseen Schleswig; Othmarschen: Jörg Matthies; Festschrift: SH Landesbibliothek (SHLB); Kalender: Jörg Matthies