Wappen der Stadt Flensburg
Wappen der Stadt Flensburg

Im frühen 12. Jahrhundert entstand am östlichen Ende der Flensburger Förde eine Siedlung um die Kirche St. Johannis. Sie ist die Keimzelle Flensburgs. Am Wasser und in der Nähe des Heer- oder Ochsenweges gelegen, begann von 1170 an unter König Waldemar I. (*1131/1157-1182†)auch auf dem Westufer der planvolle Aufbau einer Fernhandelssiedlung. Am 29. 12. 1284 wurde „Flensaburgh“ durch den Schleswiger Herzog  Waldemar IV. (*1265/1283-1312†) das Stadtrecht bestätigt. Im Gegensatz etwa zu Lübeck blieb die Macht des Rates zunächst durch den starken Einfluss des landesherrlichen Vogtes beschränkt. 1411 ließ Margarete I. (*1353/1375-1412†) die Duburg anlegen. Neue Möglichkeiten zur Ausdehnung des Handels ergaben sich für Flensburg durch die Erschließung des Ostseeraumes durch die Hanse. Doch erst mit deren Niedergang, begann die Blüte der Stadt. Flensburg besetzte die durch die Hanse aufgegebenen Märkte und wurde zur größten Handelsstadt im dänischen Königreich. In dieser Zeit wurde auch Niederdeutsch zur Umgangssprache in Flensburg. Um 1600 besaßen Flensburger Kaufleute etwa 200 Schiffe, die Zahl der Einwohner stieg auf 6.000. Dem Aufstieg folgte eine Serie von Kriegen. Der Dreißigjährige Krieg (1618-48), der Dänisch-Schwedische Krieg (1657-1660 auch: „Polackenkrieg“) sowie der Große Nordische Krieg (1700-1721) führten zu einem verheerenden Niedergang der Stadt. Flensburg wurde mehrmals besetzt und zerstört, im Jahre 1680 war die Einwohnerschaft auf 730 Bürger, die Flotte auf 20 Schiffe geschrumpft.

Die zweite Blüte

Nordertor
Nordertor

Erst mit einem 1727 erwirkten Privileg zum Handel mit Wein, Branntwein, Salz und Tabak begann der Neuanfang. 1755 fuhr das erste Schiff von Flensburg zu den westindischen Inseln. Ab 1759 wurde die profitable Grönlandfahrt (Walfang) aufgenommen.  Der Westindienhandel mit den dänischen Karibikinseln (Dreieckshandel) brachte neben Zucker  auch Rum  nach Flensburg. Als 1767 nach schlechten Ernten verboten wurde aus Wein Branntwein herzustellen, begannen die Flensburger Pyrerum zu verschneiden. Damit begann der Aufstieg zur „Rumstadt“. 1800 hatte Flensburg schon 10.000 Einwohner. Auch die zweite Blüte hatte jedoch keinen langen Bestand. Der Krieg gegen England, der dänische Staatsbankrott 1813 und der Verlust Norwegens 1815 ließen Flensburg 279 Schiffe verlorengehen und trieben die Hälfte der Reedereien in den Konkurs.

Auf- und Abschwung

Neue Impulse erhielt die Stadt erst ab 1830 durch die langsam einsetzende Industrialisierung. 1854 entstanden der erste Bahnhof und ein Gaswerk. Nach der Schleswig-Holsteinischen Erhebung (1848-51) wurde Flensburg bis 1864 Verwaltungszentrum des Herzogtums Schleswig. Ab 1867 gehörte die Stadt zu Preußen, ab 1871 zum Deutschen Reich. Verwaltungs-, Gerichts- und Militäreinrichtungen entstanden in der Folgezeit. Durch Zuzug und Eingemeindungen wuchs Flensburg wie die anderen Städte in der preußischen Provinz  Schleswig-Holstein. Die Einwohnerzahl stieg von gut 20.000 im Jahre 1869 auf knapp 70.000 1914. Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich die Lage Flensburgs grundlegend. Durch den Versailler Vertrag war vorgegeben, dass der Grenzverlauf zwischen Dänemark und Deutschland durch eine Volksabstimmung festgelegt werden sollte. Vom 25. Januar 1920 wurde Flensburg darauf für 144 Tage Hauptstadt des Staates „Plebiscit Schleswig“ unter alliierter Verwaltung.  Flensburg wurde in Folge der Abstimmung (Abstimmungsgebiet) zu einer Grenzstadt. Während Mittelschleswig sich für den Verbleib die Deutschland entschied, votierte Nordschleswig für Dänemark. In der Stadt entschieden sich 75 Prozent der Wähler für Deutschland. Während der Zeit der Weimarer Republik flossen aus „nationalpräventiven“ Gründen erhebliche Fördermittel in die Stadt. Sie dienten dem Schiffbau, dem Bau eines Freihafens (1923) und öffentlichen Großbauten. Zeugnisse aus dieser Zeit sind heute noch der Bahnhof von 1927 sowie das „Deutsche Haus“ (Inschrift: „Reichsdank für Deutsche Treue“), erbaut 1930. Ein Jahr später wurde der erste Zentrale Omnisbusbahnhof (ZOB) in Deutschland eröffnet. Die Weltwirtschaftskrise führte zu Betriebsschließungen und hoher Arbeitslosigkeit. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht im Rathaus.

Ein paar Tage Reichshauptstadt

"Reichsdank für Deutsche Treue" - das Deutsche Haus von 1930
„Reichsdank für Deutsche Treue“ – das Deutsche Haus von 1930

Im Zweiten Weltkrieg blieb Flensburg weitgehend von Bombenangriffen verschont. Seit 1944 strömten Flüchtlinge in die Fördestadt. Für drei Wochen wurde Flensburg am Ende des Krieges zur provisorischen Reichshauptstadt und ein letzter Fluchtpunkt für Nazigrößen (Rattenlinie Nord). Großadmiral Karl Dönitz erklärt am 8. Mai 1945 von der Marineschule Mürwik aus die Kapitulation und das Ende des Dritten Reiches. Am 23. Mai 1945 wird er von britischen Soldaten verhaftet. In der Notzeit nach dem Krieg wurde die „neudänische Bewegung“ (Dänische Bewegung und Dänische Minderheit) vorübergehend zum bestimmenden politischen Faktor in der Stadt.

Mühsamer Neustart

Ab 1950 fasste die Wirtschaft wieder Tritt. 1956 wurde das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg eröffnet und zahlreiche Einrichtungen der neuen Bundeswehr nach Flensburg verlegt. 1978 wurde die Autobahn (A 7) nach Dänemark weitergeführt. Mit dem Abbau der Bundeswehr setzte in den 1990er Jahren erneut ein Strukturwandel für Flensburg ein. Eine Reaktion darauf war der Ausbau des Hochschulstandortes durch die Landesregierung. Die Pädagogische Hochschule wurde 1994 zur einer „Bildungswissenschaftlichen Universität“ aufgewertet und ist seit 2004 „Europa Universität“ mit inzwischen über 5.000 Studierenden und 700 Mitarbeitern. Auch die aus der 1877 gegründeten Navigationsschule hervorgegangenen Fachhochschule ist im steten Wachstum. Seit 2006 firmiert sie als „Hochschule“ Flensburg“ und hat  4.000 Studierende.  Mit dem Ausbau als Universitätsstadt sollten auch die wirtschaftlichen Verluste der Stadt etwas aufgefangen werden.  Der Versandhandel von Beate Uhse machte Flensburg bundesweit bekannt. Mit dem Börsengang 1999 begann jedoch der Anfang vom Ende des Erotikunternehmens. 1996 kam der amerikanische Konzern Motorola nach Flensburg. Nach einem stürmischen Aufbau und großer Handyproduktionen kurz vor und um die Jahrtausendwende ging es kontinuierlich nach unten. Trotz Hilfen des Landes von zusammen  26 Millionen Euro mussten 2007 die letzten 650 Mitarbeiter entweder gehen oder umziehen.  Mit der Schließung der letzten großen Produktions- und Abfüllstätte für Spirituosen (Dethlefsen) endete Anfang 2001 auch die Tradition als „Rumstadt“. Karibischer Rum wird in der Stadt heute nur noch in zwei Familienbetrieben „verschnitten“. Die 1873 gegründete Brauerei entwickelte sich dagegen nicht zuletzt durch ihr beharrliches Festhalten an der Bügelflasche ihre einst regionale Marke zu einer bundesweit geschätzten Spezialität. Die 1872 gegründete Flensburger Schiffbaugesellschaft ist derzeit nach einer langen Phase als gutausgelastete Spezialwerft derzeit in schwerem Fahrwasser. Nach einigen Besitzerwechseln sind derzeit nur noch 350 Mitarbeiter bei der Werft fest in Lohn und Brot.

-ju- (1101/0621/0123)

Quelle: Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc (Herausgeber), Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage, 2006, Neumünster, Wachholtz-Verlag, ISBN 13: 9-783529-02441-2

Bildquellen: Stadtarchiv Flensburg; WappenLAS