Die Kaperfahrt entstand aus dem Unvermögen mittelalterlichen Herrscher, ihre Bewohner vor Übergriffen auf See zu schützen. Konnte ein Geschädigter seinen Verlust nicht wieder eintreiben, bekam er einen „Repressalienbrief“ und durfte sich auf eigene Faust für das erlittene Unrecht entschädigen indem er auf Kaperfahrt ging. Auch konnten nur die wenigsten der mittelalterlichen Küstenstädte oder Fürsten eigene Kriegsflotten unterhalten. Die Herrscher warben deshalb private Schiffseigener, stellten ihnen Kaperbriefe aus, die es ihnen erlaubten, auf eigenes Risiko feindliche Handelsschiffe zu überfallen. Kaperer wurden im Mittelalter „Auslieger“ genannt. Sie bildeten das Gros der mittelalterlichen Kriegsflotten. Bei der Auswahl der sozusagen freiberuflichen Verbündeten war man nicht besonders wählerisch. So gelang es durchaus auch Piraten, in den Besitz von Kaperbriefen zu kommen. Einige von ihnen sammelten sie sogar, um im Falle ihrer Ergreifung die jeweils passende Legitimation aus der Tasche zu ziehen. Andere Auslieger ignorierten einfach das Ende eines Krieges und machten weiter Beute, womit sie nach damaligen Rechtsverständnis zu Piraten wurden. Die Grenzen zwischen Kaperei und Piraterie erwiesen sich als fließend, und definierte sich häufig allein darüber, ob man Besteller oder Opfer war. Beispiel dafür sind besonders die Vitalienbrüder oder Likedeeler zu denen mit Michael Godecke und Klaus Störtebeker auch die heute bekanntesten Kaperer und Piraten gehörten.

Die Hanse reagierte, indem sie ihre Handelsschiffe bewaffnete. Nahm die Kaperfahrt überhand, versuchten die Hansestädte, sich durch Fahrten im Konvoi zu schützen oder rüsteten selber Kriegsschiffe gegen die Piraten und Kaperer aus. Die wurden bezeichnenderweise „Friedeschiffe“ genannt. Wegen der damit verbundenen hohen Kosten passierte das jedoch selten. Passte es den Hansestädte in ihr Konzept, stellten sie ebenso freigiebig wie andere Kaperbriefe aus.

Vor diesem Hintergrund ist nicht nur festzuhalten, das die Übergänge zwischen Kapererei und Seeräuberei fließend waren. Nicht zuletzt durch die Quellenlage sind uns vor allen die Positionen der historischen Sieger überliefert. Sie haben damit die Deutungshoheit gewonnen und mussten zu ihrer Zeit, um den erheblichen Aufwand der „Piratenjagd“ sowie die drastischen Strafen zu rechtfertigen, ein Interesse daran haben, sie zu kriminalisieren.

Mit – je nach Standpunkt – Piraterie oder Kaperei waren Kauffahrer aus den Herzogtümern vom 16. bis in das 19. Jahrhundert im Mittelmeer durch die nordafrikanischen Barbaresken konfrontiert.

Jann-Markus Witt / LS ( 0301 / 0401 / 0721 )

Quellen: Jann Markus Witt, „Piraten – Eine Geschichte von der Antike bis heute“ Darmstadt, 2011, Primus Verlag, ISBN 9783896788351; Jann Markus Witt, „Seefahrtsgeschichte Schleswig-Holsteins in der Neuzeit“, Heide 2012, Boyens, ISBN 978-3-8042-1367-8; Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt und Ortwin Pelc, „Schleswig-Holstein Lexikon, 2. erweiterte und verbesserte Auflage“, 2006, Wachholtz Verlag, Neumünster, ISBN 9-783529-02441-2