Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es im Herzogtum Schleswig keine feste Familiennamen. Zum Taufnamen eines Sohnes kam der des Vaters, der durch ein „-sen“ (für Sohn) oder auf Eiderstedt ein „-s“ ergänzt wurde. Ein Beispiel für die „patronymische Namenbildung“: Hans Momsen aus Fahretoft war Sohn des Momme Jensen, Enkel des Jens Jacobsen und Urenkel des Jakob Lütsen. Bei Ehefrauen und Töchtern wurde meist die Genitivendung „-s“ verwendet. Eine Cathrin, die mit einem Melf verheiratet war, hieß so Cathrin Melfs. Die ältesten beiden Söhne wurden normalerweise nach ihren Großvätern getauft, der Erstgeborene dabei nach dem Vater des Vaters. Die ältesten Töchter hießen entsprechend nach den Großmüttern, weitere Kinder nach Onkeln und Tanten. Kam es im engeren Bereich zu Überschneidungen von Namen, wurden durch zum Beispiel berufsbezogene Zusatznamen klargemacht, wer jeweils gemeint war. Gab es etwa den Namen Jens Hansen zwei Mal, dann konnte daraus im täglichen Gebrauch „Jens Buur“ (Bauer) und „Jens Kröger“ (Gastwirt) werden. Am 8.11.1771 wurden per königlicher Verordnung im Herzogtum Schleswig feste Familiennamen eingeführt. Das Dekret trug die Unterschrift von Christian VII. (*1749/1766-1808†) Auf den Weg gebracht hatte es der Leibarzt des geisteskranken Königs, Dr. Johann Struensee (*1737-1772†). Er regierte das Königreich faktisch seit Ende 1770. Mit über 1.800 Erlassen versuchte er das wirtschaftlich marode Königreich zu reformieren. Das Verbot der patronymischen Namensgebung war nur einer davon. Es sollte helfen, deren Folgen abzustellen, denn der traditionelle Wechsel des Familiennamens führe „in Erbschaftsfällen, in Ansehung der Legitimation, zu vieler Ungewißheit und weitläufigen Streitigkeiten, so wie bey Führung der Schuld- und Pfandprotocolle zu mancherlei Unordnungen“. Struensee machte sich durch seinen Reformeifer viele Feinde und wurde Januar 1772 verhaftet und drei Monate später hingerichtet. Das Verbot der wechselnden Familiennamen blieb jedoch bestehen. Dennoch blieben die alten Regeln noch bis in das 19. Jahrhundert hinein in vielen Orten in Gebrauch.

Wieder patronymische Namen

Vom 1. Januar 2025 gibt es wahrscheinlich in Deutschland wieder die Patronymische Namensgebung. Zumindest darf sie dann absehbar wieder von Angehörigen der friesische Volksgruppe angewendet werden. Im Rahmen der Liberalisierung des Deutschen Namensrechtes durch das Bundesjustizministerium hat sich vor allen der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler (*1979) dafür stark gemacht, das in der dänischen Minderheit Doppelnamen wie in Dänemark üblich gebildet werden können. Auch eröffnet die Reform nun die Möglichkeit,  patronym- beziehungsweise matronymische Formen für Kinder der friesischen Volksgruppe zu wählen. Nach Ansicht des SSW fördert und respektiert Rückkehr zu den Regeln von vor 1771 die friesische Tradition und halte das eigene kulturelle Erbe lebendig.

Werner Junge (0201/0303/0721/0923)

Hinweis: Die patronymische Namensgebung ist vor allem bei der Suche nach Vorfahren zu beachten. Hilfen gibt es einmal durch das Nordfriisk Instituut in Bredstedt/Bräist, www.nordfriiskinstituut.de, wie auch durch die Arbeitsgemeinschaft Genealogie Schleswig-Holstein, www.aggsh.de. Siehe auch Genealogie.

Quelle: Nordfriisk Instituut, Bredstedt/Bräist; Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums: https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/0823_Namensrecht.html; SSW-Pressemitteilung: https://www.ssw.de/themen/grosser-erfolg-bei-namensrecht-reform-durch-die-bundesregierung